Forschung

 

Das tewag-Team arbeitet fortlaufend daran, geothermisches Fachwissen zu erweitern. Ziel ist es, das Systemverständnis auszubauen, allgemeingültige Vorgaben für eine qualitativ hochwertige Planung sowie die fachgerechte Ausführung und Überwachung von Geothermie-Anlagen zu erarbeiten und Erdwärme-Versorgungskonzepte zu optimieren. Dafür erhielt die tewag das Forschungssiegel "INNOVATIV durch Forschung" des Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Mit dem Sigel würdigt der Stifterverband als größter privater Wissenschaftsförderer in Deutschland das Engagement der tewag für Foschung und Entwicklung.

Kalte Nahwärmeversorgung

In den letzten Jahren beschäftigten wir uns unter anderem mit zentralen und dezentralen Systemen geothermischer Wärmeversorgung und schlossen ein Forschungsvorhaben zur "Kalten Nahwärmeversorgung" erfolgreich ab. Mit einem sogenannten Kalten Nahwärmenetz ist es möglich, eine komplette Siedlung über ein zentrales Sondenfeld und den dezentralen Einsatz von Wärmepumpen bei den einzelnen Abnehmern sehr effizient mit Wärme und Kälte zu versorgen. Das vom BMWi finanzierte Forschungsvorhaben vertiefte unser Wissen über Modellierung, Wärmeübertragung, Energietransport, die Aufstellung von Verteilnetzen sowie über den Einsatz passender Materialien und Regelungskomponenten. Die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen sowie die Entwicklung einer speziellen Auslegungssoftware machten das neuartige Versorgungssystem marktreif. Umsetzen konnte das tewag-Team eine Kalte Nahwärmeversorgung bereits in den Baugebieten "Sonnenberg" in Ludwigsburg sowie "Grüne Höfe" in Esslingen.

Am 01.01.2019 startete das ZIM - Kooperationsnetzwerk „Oberflächennahste Geothermie und Kalte Nahwärme 4.0“. Das Netzwerk wird vom Geozentrum Nordbayern der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg koordiniert soil2heat.net. Das Projektvorhaben kombiniert mit der kalten Nahwärme 4.0 (KNW) neueste Entwicklungen in der netzgebundenen Wärmeversorgung mit der oberflächennahsten Geothermie bis maximal 5 m Tiefe als Wärmequelle mit sehr hohem ungenutzten Potenzial. Hierbei soll auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette: der Erschließung der Energiequelle (A), der Wärmeverteilung bis hin zur Entwicklung neuer Verlegeverfahren (B), der Energiebereitstellungs- und -speichersysteme (C) sowie der Gebäudeintegration über intelligente Steuer- und Regelungstechniken (D) neue Produkte und Prozesse entwickelt werden.

Grundwassernutzung und Unterirdische Enteisenung und Entmanganung

Grundwässer sind häufig für thermisch genutzte Brunnenanlagen als ungeeignet einzustufen. Langjährige und negativen Projekterfahrungen in der Umsetzung belegen dies, wodurch im Wärmepumpen Markt auf einen Einsatz von Brunnenanlagen als Wärmequelle bei einer Heizleistung kleiner 30 kW i.d.R. verzichtet wird. Auch der Marktanteil von Wasser-Wasser Wärmepumpen die mit Brunnenanlagen betrieben werden liegt seit Jahren unter 10 % mit aktuell rückläufiger Tenden. 

Im Rahmen dieses Entwicklungsvorhabens wird erstmals eine energie- und kosteneffiziente, standardisierte Methode zur Gebäudebeheizung und -kühlung durch eine geothermische Nutzung von Eisen und Mangan belastetem Grundwasser mittels unterirdischer Enteisenung und Entmanganung (UEE) über einen wechselseitigen Betrieb der Brunnenanlage entwickelt.

Entgegen der üblichen, zu teuren, obertägigen Grundwasseraufbereitung oder der auf die Grundwassergewinnung fokussierten und nicht ausreichend effizienten Methode mit mindestens zwei Förder- und einem Schluckbrunnen werden im Zuge dieses ZIM Projektes Methoden entwickelt, die auf zwei gleichberechtigen Kombinationsbrunnen aufbauen. Diese Kombinationsbrunnen werden dabei sowohl als Förder- und als Schluckbrunnen genutzt. Projektpartner in diesem Projekt sind die Fa. Krämer Brunnenbau GmbH aus Dettenheim sowie die Firma Winkelnkemper GmbH aus Wadersloh.

Erdwärmekollektoren und Sonnenkollektoren als optimierte bivalente Quelle für hocheffiziente Wärmepumpensysteme

Zusammen mit der ISFH ( Institut für Solarenergieforschung GmbH) und dem Bundesverband Wärmepumpe e.V. stellt die tewag im Abschlussworkshop die Projektergebnisse im Forschungsvorhaben Terra-Solar-Quelle dar. Das Erdreich stellt aufgrund seiner geringen saisonalen Temperaturschwankung eine attraktive Wärmequelle für Wärmepumpensysteme dar. Für horizontale Erdwärmekollektoren (EWK) ist der hohe Bedarf an unversiegelten Bodenflächen oftmals ein Hemmnis in der Umsetzung. Das Projekt Terra-Solar-Quelle befasst sich mit der Kombination von EWK und Solarkollektoren. Wesentliches Ziel ist die Erschließung erweiterter Anwendungsmöglichkeiten durch optimierte Auslegung mit verringertem EWK-Flächenbedarf. Dafür wurde ein numerisches EWK-Modell erstellt und anhand von Versuchen an einer Experimentalanlage validiert. In Simulationsstudien wurden unterschiedliche Konfigurationen der Terra-Solar-Quelle für die Wärmeversorgung verschiedener Gebäudetypen detailliert untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass effiziente Wärmeversorgungssysteme auch mit um über 50% reduzierter EWK-Fläche möglich sind. Aus den Ergebnissen der Simulationsstudie wurden Dimensionierungsempfehlungen für die Praxis abgeleitet. Siehe auch: BINE Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter den Förderkennzeichen Terra-Solar-Quelle FKZ 03ET1275 aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Qualitätskriterien für Erdwärmeanlagen

Derzeitige Forschungsaktivitäten konzentrieren sich auf die Qualitätssicherung bei Planung, Bau und Betrieb von Erdwärmesondenanlagen. Wir erarbeiten Empfehlungen dafür, wie Beeinträchtigungen des Grundwassers zu vermeiden sind und beschreiben neben einer fundierten Planung, die bohrtechnischen Auswirkungen von Georisiken, und was eine Ausführung der Bohr- & Anbindearbeiten nach heutigem Stand der Technik bedeutet. Es geht darum, Kriterien für Eingriffe in Boden und Grundwasser aufzustellen, die Risiken minimieren und eine nachhaltige, natürliche Kreisläufe erhaltende Bewirtschaftung des Untergrundes sicherzustellen.

Entwicklung eines Messgerätes und Planungsinstrumentes für Flächenkollektoren bzw. kompakte Kollektoren

Obwohl technisch attraktiv, ist der Anteil von Erdwärmekollektoren derzeit mit etwa 20% aller Erdreichwärmequellen für Wärmepumpen gering. Dabei haben gerade die horizontalen Systeme finanzielle wie auch planerische Vorteile gegenüber den vertikalen Systemen. Horizontale Systeme sind genehmigungsrechtlich lediglich anzeigepflichtig und haben neben geringen genehmigungsrechtlichen Auflagen zudem geringere Installationskosten gegenüber den vertikalen Systemen. Die wesentlichen Gründe für den bisher geringen Markt liegen in einem hohen Flächenbedarf. Der Grund liegt oft nicht in der geringen Effektivität des Flächenkollektors, sondern in Unsicherheiten bei der Planung der Anlage.

Die Bodenbeschaffenheit bzw. dessen Wärmeleitung haben einen direkten Einfluss auf die potentielle Entzugsleistung der Anlage. Da die Bodenart gegenwärtig oft nicht direkt bestimmt werden kann, werden „etablierte Schätzwerte“ herangezogen und Sicherheitsmargen eingebaut, wodurch die Anlagen überproportional ausgelegt werden. Auch wird im Zuge dieses aktuellen ZIM Vorhabens mit unseren Projektpartnern der Universität Erlangen-Nürnberg dem Geo-Center of Northern Bavaria und der Firma WFS ein Messgerät entwickelt mit dem ausgehend von elektrischen Messungen typische thermische Kennwerte zur Bestimmung der Bodenbeschaffenheit ermittelt werden. Aus bodenkundlichen Kerngrößen wie dem Porenverhalten oder der räumlichen Verteilung des spezifischen elektrischen Widerstandes (oder seines Kehrwertes, der elektrischen Leitfähigkeit) des Untergrundes können im Idealfall die benötigten thermischen Parameter wie die Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes abgeleitet werden.

Neue Anlagensysteme

In einem bereits abgeschlossenen Vorhaben betrachteten und bewerteten wir eine über 200 m tiefe CO2-Sonde (Heat-Pipe mit Thermosiphon-Effekt). Auch wurde der Einsatz einer Direktverdampfersonde (Phasenwechselsonde) genaueren Bewertungen unterzogen. Zudem wurde die Möglichkeiten der Kombination einer solarthermischen Anlage mit einer erdgekoppelten Wärmepumpenanlage in mehreren Varianten durchleuchtet. Als Wärmequelle dient dabei u.a. eine Kaskaden-Solarthermie-Speicherung in einer „Geothermiezisterne“ mit Untergrundvereisung.

 

Der ausgeprägt interdisziplinäre Charakter der Forschungsvorhaben und die enge Zusammen­arbeit unter den Projektpartnern vereinfacht es zunehmend, auf komplexe, fachübergreifende Fragestellungen in Forschung und Entwicklung befriedigende Antworten zu finden.